Ich wünsche mir mehr Stau
Christian Walti
Pfarrer
Kirchenkreis eins
Normalerweise stehe ich nicht gerne im Stau. Ausser im Advent. Wenn es langsam auf Weihnachten zugeht, früh dunkel wird und ich alleine mit Musik irgendwo auf dem Weg von oder zu einem dieser vielen Adventstermine mitten auf der Autobahn stehe. Wenn die roten Lichter der Fahrzeuge vor mir und die weissen Lichter derjenigen gegenüber eine eigentümliche Weihnachtsbeleuchtung abgeben und es vielleicht sogar noch schneit, dann fühle ich mich so geborgen wie selten.
Weshalb? Weil ich ganz für mich selbst und doch nicht alleine bin? Weil ich merke, wie sie sich gleich wie ich endlich weiterkommen wollen – und gleichzeitig auch froh sind um die Pause? Den Stau gibt es nur, weil wir alle möglichst schnell sein möchten. Wegen unseres Stresses haben wir einander unabsichtlich verlangsamt.
Im Advent wird nicht nur auf der Autobahn gewartet. Ein klassischer Prophetentext für den Advent meint “macht in der Wildnis einen Weg für den HERRn, eine gerade Hochstrasse für unseren Gott» (Jesaja 40,3).
Wir haben heute zwar Geschwindigkeit, Technik, gute Verbindungen, aber wir rasen am Wesentlichen oft einfach vorbei. Ergibt es da nicht besonders Sinn, dass wir gelegentlich einander das Leben verlangsamen, besonders im Advent? Wer nicht auf der «Hochstrasse», dem «Highway» steckenbleibt, merkt vielleicht gar nicht, dass Gott schon hier und jetzt «Immanuel», «mit uns» ist: im Auto, in der Musik, in den Rücklichtern der anderen. Zu Weihnachten wünsche ich mir deshalb mehr Stau!